Nix gesagt ist genug gelobt 

Lassen Sie uns zu diesem Thema mit folgendem kleinen Zahlenexperiment starten:

1 + 1 = 2

2 + 1 = 3

2 + 2 = 5

3 + 3 = 6

4 + 4 = 8

Die meisten von Ihnen werden sicherlich auf die fehlerhaft gelöste Gleichung hinweisen. 

Das ist auch völlig normal und liegt in der Natur des Menschen, insbesondere in seiner Rolle als Führungskraft.

Doch, was ist mit der Tatsache, dass vier der fünf Gleichungen richtig gelöst sind?

Uns fällt häufig nur noch das auf, was nicht gut ist. Wir sind es gewohnt, den Fehler zu sehen, das Defizit, das Problem, das Verbesserungswürdige.

Wir betrachten das Positive sehr oft als Selbstverständlichkeit und haben verlernt, dieses positiv anzusprechen und entsprechend zu würdigen.

Mehr als die Hälfte der deutschen Arbeitgeber beklagen sich darüber, zu wenig Anerkennung von Ihren direkten Vorgesetzen zu bekommen.

Erstaunlich ist, dass sich auch Führungskräfte selbst durch Ihre Vorgesetzten zu wenig anerkannt und wertgeschätzt fühlen. Dennoch machen Sie bei Ihren Mitarbeitern dieselben Fehler.

Interessanterweise haben über 80% der Führungskräfte das Gefühl, sie würden Lob und Anerkennung in ausreichendem Maße aussprechen.

Wie kommt eine solche Wirklichkeitsverzerrung zustande?

Wird hier von Seiten der Führungskraft geschwindelt?

Oder wird Lob und Anerkennung tatsächlich angesprochen, es kommt nur nicht bei den Mitarbeitern an?

Letzteres wundert mich nicht, denn in der Kommunikation mit Mitarbeitern kann man einiges bewirken, wenn man es richtig macht. Hingegen auch vieles zerstören, wenn man den falschen Ansatz verfolgt oder die Fallstricke der menschlichen Kommunikation nicht kennt.

Neben den Schwindlern und denjenigen, die gewillt sind an Ihrer Mitarbeiterkommunikation zu arbeiten, gibt es natürlich noch die Führungskräfte, die sich von Wunsch Ihrer Mitarbeiter nach Anerkennung völlig unbeeindruckt zeigen. Ganz nach dem Motto:

„Für so etwas habe ich keine Zeit. Außerdem ist es ja eine Selbstverständlichkeit gute Leistungen im Job zu zeigen.Denn dafür erhalten die Mitarbeiter ja einen unbefristeten Vertrag, einen ansehlichen Dienstwagen sowie ein fürstliches Gehalt“

Diese Ansicht kann man vertreten, die Folgen aus diesem Verhalten werden dabei aber vielfach maßlos unterschätzt.

Mitarbeiter die sich im Job nicht wertgeschätzt fühlen, sind unzufriedener und weniger motiviert. Sie sind ihrem Vorgesetzen und damit auch dem Arbeitgeber weniger loyal und dementsprechend weniger leistungsbereit.

Studien belegen, dass die Wechselbereitschaft von Mitarbeitern, die sich schlecht geführt fühlen und wenig Anerkennung für Ihre Leistungen erhalten, um ca. 130% erhöht ist.

Unmotivierte Mitarbeiter neigen dazu, ihren Unmut mit anderen zu teilen, sodass mangelnde Anerkennung schnell auch das Arbeitsklima vergiften und sich dadurch, eine allgemeine Unzufriedenheit im Team einstellen kann.

Dabei gehört Anerkennung zu den Grundbedürfnissen der Menschen. 

Menschen denken nicht im Sinne eines Tauschhandels, Arbeitszeit gegen Geld. Menschen agieren sowohl im Privat- als auch Berufsleben aus der Motivation heraus, ihre grundlegenden Bedürfnisse zu befriedigen.

Anerkennung rangiert in der Maslowschen Pyramide zwar recht weit oben, viele Psychologen schätzen Sie jedoch so wichtig ein wie Essen und Trinken.

Menschen sind soziale Wesen. Ihre Angst vor dem Alleinsein ist tief in Ihnen verankert. 

Das Streben nach sozialer Sicherheit, Glück, Zugehörigkeit zu einer Gruppe und Anerkennung treibt sie an und lässt sich deshalb nicht einfach am Arbeitsplatz aus- und nach Feierabend wieder anschalten.

Der Wunsch nach sozialer Akzeptanz und Wertschätzung ist ein fest verwurzelter Instinkt, dessen Erfüllung von der Wahrnehmung sowie verbaler und non-verbaler Rückmeldung Dritter abhängig ist. 

Dieser Wunsch kann vom Individuum selbst, nicht in ausreichendem Maße, durch Selbstreflexion erfüllt werden. Deshalb ist jeder Mensch bestrebt seine Stärken in den Vordergrund zu stellen und für seine Leistungen von seinem sozialen Umfeld honoriert zu werden.

Anerkennung und Wertschätzung der eigenen Leistung steigert das Selbstbewusstsein und erhält die Freude an der Arbeit langfristig aufrecht.

Lassen Sie als Vorgesetzter Anerkennung vermissen, so können bereits nach kurzer Zeit Mangelerscheinungen bei Ihren Mitarbeitern auftreten. Früher oder später kommen Sie als Führungskraft in Erklärungsnot und gefährden ihre Zielerreichung signifikant.

Man könnte auch sagen, dass ein Mangel an weichen Faktoren irgendwann harte Fakten schafft, die sowohl für Sie als Führungskraft, als auch für Ihre Mitarbeiter negative Folgen haben kann.

Das Verhalten Ihrer Mitarbeiter ist geprägt von Lustlosigkeit, Antriebslosigkeit und Trägheit, ganz nach dem Motto:

„Warum soll ich mir hier ein Bein ausreißen, ganz egal was ich tue, meine Leistung wird sowieso nicht gesehen und honoriert“

Wird also konsequent auf Anerkennung verzichtet, lässt sich irgendwann feststellen, dass kaum noch anzuerkennende Leistungen erbracht werden.

„Die gute Tat die ungepriesen bleibt, würgt tausend die sie erzeugen könnte“ (William Shakespeare)

Dabei ist das Aussprechen von Anerkennung im Gegensatz zur Kritik doch eine dankbare, angenehme und sogar erfüllende Aufgabe.

Anerkennung verschafft Ihren Mitarbeitern Erfolgserlebnisse. Sie setzt eine positive Aufwärtsspirale für alle Beteiligten in Gang, an deren Ende intrinsisch motivierte Mitarbeiter, zufriedene Chefs und vor allem optimale Arbeitsergebnisse stehen.

Der positive „Flow“ Ihrer Mitarbeiter setzt beachtliche Leistungen frei und trägt gleichzeitig zu einem gesunden Arbeitsklima im Sinne einer effektiven Burn-out-Prävention bei.

Was Spaß macht, Erfolg bringt und zudem noch gesehen und honoriert wird, das wird gerne wiederholt.

Anerkennung schafft ein Gefühl der Gemeinschaft und sozialen Verbundenheit zum Unternehmen und stellt somit ein wirkungsvolles Führungsinstrument zur Reduktion der Mitarbeiterfluktuation dar.

Verschaffen Sie Ihren Mitarbeitern so viele Erfolgserlebnisse wie möglich, denn diese führen zu einer Ausschüttung von körpereigenen Endorphinen (Glückshormonen). Der Adrenalinspiegel ist entsprechend niedrig, der Fluchtinstinkt gedämpft und das Denkvermögen erreicht sein Maximum.

Etablieren Sie eine Kultur der Anerkennung

Und differenzieren Sie hierbei zwischen Lob und Anerkennung, denn das ist nicht ein und dasselbe. 

Sprechen Sie Lob aus, dann meistens im Kontext einer einmalig erbrachten Leistung. Dieses Lob bezieht sich meistens auf einen konkreten Sachverhalt bzw. auf ein konkretes Verhalten und der oder die Gelobte weiß wofür er es erhält.

Loben können sowohl der Chef, Kunden als auch Kollegen, die Familie oder Freunde.

Gut zu vergleichen ist diese Form der Wertschätzung mit einem gelegentlichen Schulterklopfen nach dem Muster „Das hast du gut gemacht“.

Anerkennung hingegen ist mehr eine grundsätzliche Haltung als spontane Wertschätzung. Es ist der kontinuierliche Ausdruck von Respekt und Wertschätzung für erbrachte Leistungen und die Würdigung der Person selbst.

Anerkennung muss nicht ausschließlich im Rahmen eines qualifizierten Feedbackgesprächs ausgesprochen werden

Es kann genauso gut non-verbal durch Gestik, Mimik, sowie durch kleine Aufmerksamkeiten transportiert werden. Dies kann auch die Freiheit sein, die der Vorgesetzte seinem Mitarbeiter bei der Gestaltung seines Arbeitsbereichs gibt. Oder die Genehmigung einer Fortbildung, die der Vorgesetzte ohne vorherige Rücksprache mit dem Mitarbeiter blind zeichnet.

Lob ist zwar ein wichtiges Führungsinstrument, für nachhaltige Motivation müssen die Mitarbeiter hingegen die authentische Anerkennung und Wertschätzung Ihrer Leistung und Person spüren.

Checkliste für Ihr Anerkennungsgespräch

  • Adressieren Sie Anerkennung nicht nur an Ihre High-performer, sondern zeigen Sie bewusst auch Ihren schwächeren Mitarbeitern Ihre Anerkennung und Dankbarkeit. Gönnen Sie auch den leistungsschwächeren Mitarbeitern einen Höhenflug mit anhaltendem Nachbrennereffekt, selbst wenn Sie nur Teilerfolge hervorheben können.
  • Bleiben Sie aufrichtig und authentisch und loben Sie nicht nur des Effekts wegen. Ihre Mitarbeiter werden dieses „Zweckmanöver“ langfristig durchschauen und mit Misstrauen Ihnen gegenüber reagieren. Setzen Sie Ihre Autorität auf diese Weise nicht aufs Spiel.
  • Benennen Sie konkrete Leistungsergebnisse, für die Sie Anerkennung aussprechen. Beziehen Sie sich auf einen konkreten Sachverhalt, sonst kann der Mitarbeiter damit nichts anfangen.
  • Sprechen Sie mit Ihren Mitarbeitern jeweils unter Vier Augen, wenn Sie Anerkennung aussprechen. Vermeiden Sie hierdurch Neid und Missgunst bei Dritten.
  • Verbinden Sie Anerkennung nicht mit Kritik. Denn, die Wirkung von Anerkennung verpufft, wenn Sie diese mit Kritik verbinden. 
  • Achten Sie auf die Verhältnismäßigkeit von Lob und Anerkennung. Passen Sie das Ausmaß der Anerkennung an den Verdienst an und setzen Sie dieses Führungsinstrument nur dann ein, wenn es gerechtfertigt ist.

Fazit:

Geizen Sie als Führungskraft nicht mit Anerkennung bei Kollegen und Mitarbeitern. Wer Top-Mitarbeiter um sich herum versammelt, der sollte seine Wertschätzung und Dankbarkeit hierfür auch regelmäßig an seine Mitarbeiter zurückspiegeln.

Denn, Anerkennung ist unser Motor für Zufriedenheit am Arbeitsplatz, für nachhaltige intrinsische Motivation, für ein Gefühl der sozialen Sicherheit und Zugehörigkeit, für ein gesundes Selbstbewusstsein, Selbstwirksamkeit und nicht zuletzt für körperliche und psychische Unversehrtheit.

Setzen Sie Anerkennung als effektives Führungsmittel ein.

Erreichen Sie dadurch nicht nur Ihre betrieblichen Ziele, sondern auch größere Zufriedenheit bei ihren Mitarbeitern. Denn:

„Ein Wort der Anerkennung hält jeden Menschen warm drei Winter lang“

(chinesisches Sprichwort)

Sind Ihre Mitarbeiter erfolgreich und zufrieden, dann sind Sie es auch!

Mit besten Grüßen,

Ihr Maximilian Weipprecht