Unser tägliches Miteinander ist geprägt von Kommunikation, bewusst oder unbewusst, ob wir wollen oder nicht.

So auch im Vertrieb und insbesondere in der direkten Kundeninteraktion im Rahmen der Akquise. Ganz besonders interessant wird Kommunikation in Verhandlungssituationen.

Paul Watzlawik formuliert fünf Grundsätze der Kommunikation (Axiome). „Wir Menschen können nicht, nicht kommunizieren“, ist einer davon. Werden diese nicht eingehalten, so kommt es häufig zu einer Störung der Kommunikation, insbesondere auf der Beziehungsebene. Dies führt nicht selten zu einem offenen Konflikt und erschwert die Zielerreichung im Sinne einer Win-Win Situation für beide Verhandlungsparteien.

Grundlegende Kenntnisse über Kommunikationsmodelle, wie das „Kommunikationsquadrat“ von Schulz von Thun oder die „Transaktionsanalyse“ von Eric Berne eröffnen eine Meta-Perspektive die Ihnen hilft in schwierigen Verhandlungssituationen klaren Kopf zu bewahren und den Verhandlungspartner behutsam durch kritische Verhandlungsphasen zu Führen.

Alle Verhaltenshypothesen ranken sich um das Grundmodell der Kommunikation mit 4 Kommunikationsebenen, dem sogenannten Kommunikationsquadrat.

Auch bekannt geworden unter „Vier-Schnabel bzw. Vier-Ohren-Modell“.

Das Modell beschreibt, dass jede Äußerung einer Person 4 Botschaften hat.

Aber lassen Sie mich Ihnen das Modell anhand eines konkreten Beispiels erläutern.

Ein Einkäufer sagt zum Verkäufer: „Sehen Sie zu, dass Sie mir Ihre Angebote zukünftig, wie vereinbart, wieder innerhalb von 2 Tagen zukommen lassen.“

Auf der Sachebene (ES) ist wertneutral festzustellen, dass ein Angebot in der Vergangenheit mindestens einmal verspätet übermittelt wurde. Das ist Fakt, das ist Tatsache.

Die Beziehungsebene beschreibt wie Sender und Empfänger einer Botschaft zu einander stehen. In diesem Fall könnte man annehmen, dass der Einkäufer den Verkäufer offenbar nicht als gleichwertigen Partner betrachtet.

Die Selbstoffenbarung gibt einen Hinweis über den Zustand des Senders. Der Einkäufer könnte sauer und unzufrieden mit der Betreuung des Verkäufers sein.

Die Appell-Ebene zeigt auf, welche Aufforderung an den Empfänger ergeht. In diesem Fall: „Halte dich gefälligst an die Abmachungen“.

Wir sehen also, dass Kommunikation immer eine 4-dimensionale Angelegenheit ist und jede Nachricht, vier Seiten hat.

Alle vier Seiten sind gleich lang, haben also die gleiche Berechtigung gehört zu werden.

Es liegt immer am Empfänger wie eine Nachricht/Botschaft aufgefasst wird. Es sind auch die individuellen Erfahrungen, Erwartungen und Bewertungen, welche die Entschlüsselung der Botschaft beeinflussen.

Missverständnisse entstehen immer dann, wenn der Empfänger einer Botschaft auf eine andere Ebene Bezug nimmt als die, die der Sender im Sinn hatte.

Sich der vier Ebenen als Verkäufer bewusst zu sein, hilft, die eigene Bewertung zu reflektieren, aufkommende Emotionen zu kontrollieren und die eigene Reaktion bewusst auf die sachliche Ebene zurück zu führen. Sie beugen hierdurch Konflikten vor und erhalten somit eine angenehme und lösungsorientierte Verhandlungsatmosphäre.

Bleiben Sie in dieser Situation klar in der Sache, aber weich zum Menschen. Erhalten Sie sich dadurch alle Optionen auf einen Abschluss in beiderseitigem Interesse.

Die Transaktionsanalyse (TA), mit der Theorie der ICH-Zustände von Eric Berne, geht noch einen Schritt weiter und dringt noch tiefer in die programmierten Schichten des menschlichen Verhaltens ein.

Wenn der Mensch kommuniziert, dann spricht er aus einem sogenannten „ICH-Zustand“. Die TA unterscheidet hier 3 ICH-Zustände.

  • Eltern-ICH: Hier sind alle Ermahnungen und Regeln, alle Gebote und Verbote aufgezeichnet, die ein Kind von seinen Eltern zu Hören bekommen hat. Das Eltern-ICH wird von Geburt bis Schulbeginn von Vater und Mutter „gelernt“.
  • Kind-ICH: Das Kind-ICH beinhaltet alle in der Kindheit angenommenen Verhaltensweisen. Stark prägend hierfür ist die Lebensphase von der Geburt bis zur Einschulung. Das Kind-ICH trotzt, rebelliert, freut sich, ist kreativ und frei.
  • Erwachsenen-ICH: Ab dem ca. 10 Lebensjahr entwickelt sich das Erwachsenen-ICH. Dieses ist geprägt von sachlichem, logischen und rationalem Verhalten. Das Erwachsenen-ICH ist quasi die Kontrollinstanz zwischen Normen (Eltern-ICH) auf der einen, und den Gefühlen (Kind-ICH) auf der anderen Seite.

Eine Transaktion besteht aus dem Hin und Her in einer Kommunikation – genannt Stimulus und Reaktion. Transaktionen können aus jeder der drei Ebenen heraus gestartet werden. Das ist auch gut, denn wir brauchen alle ICH-Zustände, um die vielen verschiedenen Lebenssituationen zu bewältigen.

Transaktionen bleiben in der Regel solange ungestört, solange sie parallel verlaufen, also beispielweise zwischen Erwachsenen-ICH des Verkäufers und Erwachsenen-ICH des Käufers. Bricht ein Gesprächspartner aus einem parallelen Stimulus-Reaktions-Muster aus, dann spricht man von gekreuzten Transaktionen.

Dies ist z.B. der Fall, wenn ein Einkäufer das Erwachsenen-ICH eines Verkäufers anspricht, dieser jedoch mit dem Programm des Kind-ICH (trotzig, beleidigt) reagiert. Diese Kommunikation wird in diesem Moment gestört und bleibt es auch, wenn es dem Verkäufer nicht gelingt auf eine sachliche Kommunikationsebene zurück zu kehren.

Für gewöhnlich nehmen Menschen den ICH-Zustand ein, der bei Ihnen unbewusst angesprochen wird.

Um gewohnte Kommunikationsmuster zu durchbrechen bedarf es reflexiver Fähigkeiten und einer bewussten Entscheidung der Person, zur sachlichen Ebene zurückzukehren.

Ziel sollte es aus Sicht eines Verkäufers folglich sein, das Gespräch insbesondere in kritischen Situationen wieder auf die Ebene des Erwachsenen-ICH zu lenken und dort zu halten. Besonders hilfreich sind Fragetechniken, insbesondere offene Fragen (W-Fragen).

Die ICH-Zustände charakterisieren grundsätzliche Lebensanschauungen. Menschen entscheiden sich bis zum dritten Lebensjahr für eine der ersten drei Lebensanschauungen. „Auf dieser Anschauung verharrt das Individuum für den Rest seines Lebens, wenn es sich nicht später bewusst in die vierte Grundanschauung verändert“ (Harris 2010,S. 67)

  • 1. Lebensanschauung: Ich bin nicht ok. – Du bist ok.
  • 2. Lebensanschauung: Ich bin nicht ok. – Du bist nicht ok.
  • 3. Lebensanschauung: Ich bin ok. – Du bist nicht ok.
  • 4. Lebensanschauung: Ich bin ok. – Du bist ok.

Nach Harris leiden die meisten Menschen an „Nicht-ok.-Gefühlen“.

Folglich ist die Wahrscheinlichkeit groß dass sich hieraus unterschiedliche Rollenpositionen (Opfer/Retter/Verfolger) gemäß Dramadreieck (siehe: https://www.transaktionsanalyse-online.de/drama-dreieck/ergeben, die eine Verhandlung schwierig machen können.

Denken Sie an einen Verkäufer, der aus welchem Grund auch immer, seinen Planvorgaben nicht gerecht wird. Frust macht sich breit. Ein geschwächtes und frustriertes Verkäufer-Kind-ICH zieht wie magisch Eltern-ICH-Botschaften eines Einkäufers an. Der Verkäufer gerät in einen Teufelskreis und handelt aus einer Position der Schwäche (Opfer). Das sind denkbar ungünstige Voraussetzungen für Win-Win Situationen in Verhandlungen.

Menschen mit „Nicht-ok.-Gefühlen“ flüchten sich leicht in Opferrollen. Insbesondere gefährdet sind Verkäufer, die sich Ihren Kunden unterlegen fühlen, die sich mit Ihrem Preis, dem Produkt oder der Dienstleistung nicht identifizieren können oder wollen.

Diese Verkäufer sind gefundene Opfer für Einkäufer die sich Ihrer Rolle als Verfolger sicher sind. Wer sich hier in eine Opferrolle drängen lässt, der hat das Verhandlungsspiel von Anfang an verloren.

Ich empfehle Ihnen bei der Zusammenstellung Ihres Sales-Teams auf die Zusammensetzung der Rollenpositionen Ihrer Verkäufer zu achten und bei Bedarf durch Coaching oder Training zielgerichtet zu unterstützen

Überprüfen Sie insbesondere, wo bei Ihren Schlüsselkunden Einkäufer/Verkäufer-Beziehungen herrschen, die von der Transaktionalen Prädisposition her tendenziell nicht funktionieren können, weil immer wieder Spiele gemäß des Drama-Dreiecks ablaufen.

Das Wissen um die in diesem Beitrag angeführten Kommunikationsmodelle hilft dem Verkäufer bei der Erreichung seiner Verhandlungsziele. Wer aber schon mal verhandelt hat, der weiß, dass es im Eifer des Gefechts dennoch Situationen geben wird, in denen sich unsere Emotionen und die individuelle Programmierung durchsetzen wird. Das ist auch gut so und zeigt dem Gegenüber möglicherweise, dass es uns wirklich Ernst um einen Abschluss ist.

Ich unterstütze Sie, ihr Verkaufs- oder Key-Account-Team mit Verkaufs- und Kommunikationstrainings. Rufen Sie mich an.

Ihr Maximilian Weipprecht