Was ist situative Führung?

In der heutigen schnelllebigen Geschäftswelt spielt Flexibilität eine entscheidende Rolle. Im Kontext der Unternehmensführung hat sich ein Ansatz herauskristallisiert, der ebendiese Flexibilität fördert: Die situative Führung. Doch was steckt genau hinter diesem Begriff?

Situative Führung ist ein Führungsstil, bei dem Führungskräfte ihren Führungsansatz an die individuellen Bedürfnisse und Fähigkeiten ihrer Mitarbeiter anpassen, statt einen Fühtrungsstil allen Mitarbeitern überzustülpen. Dies kann bedeuten, dass ein neuer, unerfahrener Mitarbeiter mehr Anleitung und Unterstützung benötigt, während ein erfahrener Mitarbeiter mehr Autonomie und weniger direkte Anweisungen braucht.

Das Hauptziel der situativen Führung ist es, die beste Balance zwischen Anweisungen und Unterstützung zu finden, um die Leistung und Zufriedenheit des Mitarbeiters zu optimieren. So wird eine optimale Arbeitskultur geschaffen, indem die Stärken der Mitarbeiter gefördert und Mängel durch geeignete Hilfestellungen und Schulungen ausgeglichen werden.

Das Konzept der situativen Führung bietet Führungskräften ein Framework, das es ihnen ermöglicht, ihre Führungsstrategien dynamisch anzupassen und zu flexibler zu agieren. In den folgenden Abschnitten wollen wir uns mit den Grundlagen der situativen Führung, ihrem praktischen Einsatz und ihren Vor- und Nachteilen beschäftigen.

Die Grundlagen der situativen Führung

Die Idee der situativen Führung basiert auf dem Verständnis, dass kein Führungsstil universell ist und dass verschiedene Situationen unterschiedliche Herangehensweisen erfordern. Diese Flexibilität ist es, die die situative Führung von anderen Führungsmodellen unterscheidet.

Im Kern der situativen Führung steht die Vorstellung, dass die Führungskraft ihren Führungsstil an die spezifischen Situationen und den Fähigkeitsgrad/Reifegrad der Mitarbeiter anpasst. Dies kann auf eine Reihe von Faktoren zurückgeführt werden, wie zum Beispiel das Fachwissen des Mitarbeiters, seine Erfahrung, seine Motivation, seine Bereitschaft und sein Selbstvertrauen. Dabei geht es weniger um die Persönlichkeit der Führungskraft, sondern um ihre Fähigkeit, flexibel auf verschiedene Situationen zu reagieren.

Um das optimale Maß an Anleitung und Unterstützung zu bestimmen, müssen Führungskräfte den Reifegrad ihrer Mitarbeiter bewerten. Das bedeutet, sie müssen verstehen, wie viel Verantwortung ein Mitarbeiter übernehmen kann und wie viel Anleitung und Unterstützung er benötigt, um effizient arbeiten zu können.

Die Grundlagen der situativen Führung erfordern also ein hohes Maß an Menschenkenntnis und Einfühlungsvermögen, um die Bedürfnisse und Fähigkeiten der Mitarbeiter einschätzen und den Führungsstil entsprechend anpassen zu können.

Vor- und Nachteile der situativen Führung

Vorteile Nachteile
Anpassungsfähigkeit an verschiedene Situationen Mögliche Verwirrung bei den Mitarbeitern aufgrund der variierenden Führungsstile
Steigerung der Mitarbeitermotivation durch individuelle Führung Hohe Anforderungen an die soziale Kompetenz und Flexibilität der Führungskraft
Förderung der Mitarbeiterentwicklung durch gezieltes Coaching Risiko der Überforderung bei zu starker Variabilität des Führungsstils

Das Modell von Hersey und Blanchard: Vier Stufen der situativen Führung

Die Theorie der situativen Führung wurde von den Verhaltenswissenschaftlern Paul Hersey und Ken Blanchard entwickelt. Ihr Modell besteht aus vier unterschiedlichen Führungsstilen, die je nach individueller Situation angewendet werden können. Diese vier Stile sind:

  1. Telling (Anweisungsstil): Bei diesem Führungsstil gibt die Führungskraft klare Anweisungen und überprüft die Einhaltung genau. Er wird meistens bei Mitarbeitern mit niedrigem Reifegrad und wenig Erfahrung eingesetzt.
  2. Selling/Coaching (Überzeugungsstil): Die Führungskraft verkauft ihre Entscheidungen, indem sie diese erklärt und Diskussionen zulässt. Geeignet für Mitarbeiter, die zwar willig, aber noch nicht fähig sind Aufgaben komplett selbstständig auszuführen.
  3. Participating (Teilhabestil): Bei diesem Stil teilen sich die Führungskraft und der Mitarbeiter die Verantwortung und treffen gemeinsam Entscheidungen. Dies ist sinnvoll bei Mitarbeitern, welche zwar fähig aber nicht sicher oder willig sind.
  4. Delegating (Delegationsstil): Die Führungskraft überlässt dem Mitarbeiter Verantwortung und Entscheidungen. Dieser Führungsstil findet Anwendung bei Mitarbeitern mit hohem Reifegrad und viel Erfahrung.

Die Führungskraft wählt den jeweils passenden Führungsstil aus, basierend auf der Fähigkeit und Bereitschaft des Mitarbeiters. Diese Methode ermöglicht es der Führungskraft, die Kontrolle und Unterstützung an die jeweiligen Bedürfnisse des Mitarbeiters anzupassen.

Zusätzlich zu diesen vier Führungsstilen bieten Hersey und Blanchard auch ein Modell für die Beurteilung der ‚Reife‘ oder Fähigkeit eines Mitarbeiters, bestimmte Aufgaben zu erfüllen. Diese Reife besteht aus der Fähigkeit und dem Willen eines Mitarbeiters, eine Aufgabe zu erfüllen. Durch die Kombination von Führungsstil und Mitarbeiterreife ermöglicht das Modell von Hersey und Blanchard eine dynamische und flexible Führung, die auf der individuellen Situation basiert.

Die Rolle des Reifegrads und der Erfahrung der Mitarbeiter in der situativen Führung

In der situativen Führung spielt der Reifegrad der Mitarbeiter eine entscheidende Rolle. Es handelt sich dabei um ein Konzept, das die Kompetenz und das Engagement eines Mitarbeiters in Bezug auf eine spezifische Aufgabe bewertet. Je höher der Reifegrad eines Mitarbeiters, desto mehr Verantwortung kann ihm übertragen werden.

Der Reifegrad eines Mitarbeiters wird in der Regel anhand von zwei Hauptfaktoren bestimmt:

  1. Fähigkeit: Wie gut ist ein Mitarbeiter in der Lage, eine Aufgabe oder einen Job auszuführen? Hat er das notwendige Fachwissen und die technischen Fähigkeiten?
  2. Bereitschaft: Wie engagiert ist der Mitarbeiter? Ist er motiviert und selbstbewusst genug, um die Aufgabe zu erfüllen?

Ein Mitarbeiter mit hohem Reifegrad ist in der Lage, Aufgaben selbstständig auszuführen und braucht weniger Anleitung und Unterstützung. Im Gegenzug ist ein Mitarbeiter mit niedrigem Reifegrad auf stärkere Führung und Unterstützung angewiesen.

Eine wichtige Rolle spielt auch die Erfahrung des Mitarbeiters. Erfahrene Mitarbeiter haben in der Regel einen höheren Reifegrad, da sie bereits über das notwendige Fachwissen und die Fähigkeiten verfügen. Sie sind eher in der Lage, Aufgaben selbstständig zu erfüllen und Verantwortung zu übernehmen.

Die Führungskraft hat die Aufgabe, den Reifegrad und die Erfahrung ihrer Mitarbeiter zu bewerten und ihren Führungsstil entsprechend anzupassen.

Situative Führung in der Praxis: Beispiele und Anwendungsfälle

Die Theorie der situativen Führung mag auf den ersten Blick abstrakt erscheinen. Um ihre Anwendung besser zu verstehen, betrachten wir einige praktische Beispiele.

Angenommen, Sie sind Projektleiter und haben einen neuen Mitarbeiter in Ihrem Team. Der neue Mitarbeiter, Max Mustermann, ist bereit und willig, aber noch nicht vollständig in alle Projektprozesse eingearbeitet. In diesem Fall wäre der Anweisungsstil eine effektive Methode der situativen Führung. Sie würden klare Anweisungen geben und Max eng beaufsichtigen, um sicherzustellen, dass er die Projektziele versteht und sich in die Abläufe einarbeitet.

Nach einigen Wochen hat sich Max in das Team integriert und die grundlegenden Arbeitsschritte verinnerlicht. Er ist jedoch noch unsicher, wenn es um komplexe Aufgaben geht. Hier wäre der Überzeugungsstil/Selling/Coaching angebracht. Sie würden Max Ihre Entscheidungen erklären und ihm Raum für Fragen und Diskussionen geben, um sein Verständnis und seine Fähigkeiten weiter zu fördern.

Nach mehreren Monaten hat Max sich eine solide Fachkompetenz angeeignet, aber er zögert noch, eigenständige Entscheidungen zu treffen. Nun wäre der Teilhabestil/Partizipation angebracht. Sie könnten Max mehr in Entscheidungen einbeziehen und ihn ermutigen, mehr Verantwortung zu übernehmen.

Im Laufe der Zeit hat Max die notwendige Erfahrung und das Vertrauen gewonnen, um seine Aufgaben selbständig zu erledigen. Nun wäre der Delegationsstil der situativen Führung angebracht. Sie könnten Max mehr Autonomie gewähren und ihm erlauben, Entscheidungen selbst zu treffen und die Ausführung seiner Aufgaben selbst zu kontrollieren.

Dieses Beispiel zeigt, wie die Flexibilität der situativen Führung dabei helfen kann, Max Mustermann effektiv zu führen und seinen Übergang von einem neuen zu einem erfahrenen Mitarbeiter zu unterstützen.

Die Vorteile der situativen Führung für Unternehmen und Mitarbeiter

Die situative Führung bietet eine Reihe von Vorteilen sowohl für Unternehmen als auch für Mitarbeiter. Hier sind einige der wichtigsten davon:

  1. Förderung individueller Stärken: Die situative Führung erkennt an, dass jeder Mitarbeiter individuell ist und individuelle Fähigkeiten und Fertigkeiten hat. Durch die Anpassung des Führungsstils an die Bedürfnisse des einzelnen Mitarbeiters können dessen Stärken gezielt gefördert werden.
  2. Effizienzsteigerung: Ein angepasster Führungsstil kann dazu beitragen, dass Mitarbeiter effizienter arbeiten. Durch den „richtigen“ Führungsstil fühlt sich der Mitarbeiter besser unterstützt und kann seine Aufgaben effektiver erledigen.
  3. Motivation und Mitarbeiterzufriedenheit: Ein Führungsstil, der auf die individuellen Bedürfnisse eines Mitarbeiters eingeht, kann dessen Motivation und Zufriedenheit im Job steigern. Die Mitarbeiter fühlen sich wertgeschätzt und anerkannt, was sich positiv auf ihr Engagement und ihre Leistung auswirken kann.
  4. Vorbeugung und Lösung von Konflikten: Beim situativen Führungsstil geht es darum, auf die individuellen Bedürfnisse und die Situation einzugehen. Diese individuelle Betrachtungsweise kann helfen, mögliche Konflikte zu vermeiden oder bestehende Konflikte im Team zu lösen.

Die situative Führung bietet daher ein wirksames Instrument für eine effektive und persönliche Mitarbeiterführung. Sie unterstützt Führungskräfte dabei, ihre Mitarbeiter individuell zu fördern und zu fordern, um so die bestmögliche Leistung zu erreichen.

Herausforderungen und Kritik an der situativen Führung

Obwohl die situative Führung viele Vorteile bietet, gibt es auch Herausforderungen und Kritikpunkte, die zu beachten sind.

Eine Herausforderung der situativen Führung besteht darin, den richtigen Führungsstil für jede Situation und jeden Mitarbeiter zu ermitteln. Dies erfordert ein hohes Maß an Beobachtungsgabe und Menschenkenntnis von der Führungskraft. Zudem kann es für Führungskräfte schwierig sein, ihren Führungsstil kontinuierlich anzupassen, insbesondere in großen Teams mit vielen verschiedenen Persönlichkeiten und Fähigkeiten.

Kritiker der situativen Führung argumentieren, dass sie zu sehr auf den kurzfristigen Kontext fokussiert ist und langfristige Ziele und Strategien vernachlässigen könnte. Außerdem kann es zu Inkonsistenzen kommen, wenn der Führungsstil ständig wechselt, was zu Verwirrungen bei den Mitarbeitern führen kann.

Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass das Modell von Hersey und Blanchard relativ einfach und dadurch möglicherweise nicht auf alle Situationen anwendbar ist. Zudem basiert das Modell auf der Annahme, dass Menschen rational entscheiden und handeln, was in der Praxis nicht immer der Fall ist.

Trotz dieser Herausforderungen und Kritikpunkte bietet die situative Führung einen wertvollen Rahmen für Führungskräfte, um ihre Mitarbeiter effektiv zu führen und zu unterstützen. Sie ermutigt Führungskräfte, flexibel zu agieren und auf die individuellen Bedürfnisse jedes Mitarbeiters einzugehen.

Fazit: Wie situative Führung zur flexiblen Führung beiträgt

Die situative Führung bietet eine große Flexibilität für Unternehmen und ihre Führungskräfte. Sie ermöglicht es, auf die individuellen Bedürfnisse und Fähigkeiten der Mitarbeiter einzugehen und sie so effektiv und effizient zu fördern. Auch wenn es Herausforderungen gibt, stellt die situative Führung dennoch ein wertvolles Führungswerkzeug dar, das zu einem produktiveren und zufriedeneren Arbeitsumfeld beiträgt.

Führungskräfte sind im Rahmen der situativen Führung dazu aufgefordert, ihre Fähigkeiten in Menschenkenntnis, Beobachtung und Anpassungsfähigkeit zu schärfen, um jeden Mitarbeiter individuell zu betreuen und zu führen. Indem sie ihre Führungsstile flexibel anpassen und auf die jeweiligen Bedürfnisse ihrer Mitarbeiter eingehen, können sie ein Umfeld schaffen, in dem jeder Mitarbeiter nach seinen Fähigkeiten und Bedürfnissen gefördert wird.

Letztendlich trägt die situative Führung dazu bei, die Arbeitsumgebung dynamischer und anpassungsfähiger zu gestalten. Sie erkennt an, dass nicht ein einziger Führungsstil für alle Situationen und Mitarbeiter geeignet ist und stellt dadurch die Menschlichkeit und Individualität in den Vordergrund der Führung.


Häufig gestellte Fragen zur situativen Führung

Was ist situative Führung?

Situative Führung bedeutet, dass es keinen allgemein besten Führungsstil gibt, sondern dass die Führungsperson ihren Stil den individuellen Bedürfnissen und Fähigkeiten der Mitarbeiter anpasst. Hierbei spielen der Reifegrad und die Erfahrung der Mitarbeiter eine wesentliche Rolle.

Welches Modell beschreibt den situativen Führungsstil?

Das Modell der situativen Führung wurde von Hersey und Blanchard entwickelt und es beschreibt vier Stufen für eine situative Führungskräfteorientierung. Es wird angenommen, dass die beste Aktion der Führungskraft von den spezifischen Umständen abhängig ist.

Wie verändern sich Anweisungen und Unterstützung bei der Situativen Führung?

Bei einem hohen Reifegrad des Mitarbeiters nimmt die Anzahl an Anweisungen und der Unterstützungsgrad durch die Führungskraft ab. Stattdessen wird mehr Verantwortung an die Mitarbeiter delegiert.

Wie wird die individuelle Förderung und der Einsatz eines Mitarbeiters in der situativen Führung berücksichtigt?

Die situative Führung berücksichtigt die unterschiedlichen Bedürfnisse und Potenziale der Mitarbeiter, um diese individuell fördern und bestmöglich einsetzen zu können. Dabei kann der Führungsstil je nach Bedarf angepasst werden.

Wie verhalten sich situative Führungskräfte gegenüber neuen und erfahrenen Mitarbeitern?

Neue Mitarbeiter benötigen in der Regel klare Anweisungen und viel Unterstützung durch die Führungskraft. Erfahrene Mitarbeiter hingegen können eigenverantwortlicher arbeiten und benötigen weniger direkte Anweisungen.