Faire Verhandlungsergebnisse mithilfe des „postiven NEIN“

Wollen wir „faire“ Verhandlungsergebnisse im Sinne einer WIN-WIN-Situation herbeiführen, dann bleibt es häufig nicht aus, dass wir unseren Verhandlungspartnern klare Absagen an unattraktive Angebote bzw. Preisforderungen aussprechen müssen.

Untersuchungen haben gezeigt, dass Verhandlungen häufig erst dann konstruktiv verlaufen, wenn das erste „NEIN“ von einer Verhandlungsseite ausgesprochen wurde.

Insbesondere notwendig wird ein „NEIN“, wenn entweder der Verhandlungsprozess nicht akzeptabel erscheint, oder das Verhandlungsergebnis absolut jenseits der eigenen „besten Alternative (BATNA) liegt.

Warum fällt es uns dann aber so schwer „NEIN“ zu einem Angebot bzw. zu einer Preisforderung zu sagen, obwohl wir es eigentlich gerne tun würden?

Das liegt daran, dass es uns Menschen schwer fällt etwas loszulassen, in das wir bereits viel Zeit, Mühe und Energie gesteckt haben. Wir werden Opfer des sogenannten „Escalation of Commitment“, wie es in der Verhandlungssprache so schön heißt.

Je mehr Energie wir in das Erreichen eines Ziels gesteckt haben, desto schwieriger wird es, die gesteckten Ziele fallen zu lassen bzw. abzuschwächen.

Das gilt nicht nur für den privaten Alltag, sondern insbesondere für Versteigerungen und Verhandlungssituationen, in denen erschwerend häufig auch noch Zeit- und Wettbewerbsdruck hinzukommt.

Wer sind eigentlich die wahren Sieger in Verhandlungen?

Wir möchten nicht mit leeren Händen nach Hause kommen. Und um das zu verhindern, gehen wir häufig einen Kompromiss ein, oder geben viel zu viel nach. In der Hoffnung, dass es sich zumindest doch langfristig für uns lohnen wird. 

Am Ende sind jedoch erfahrungsgemäß diejenigen die wahren Sieger, die sich eben nicht zu einem WIN-LOSE-Ergebnis oder einem Kompromiss haben hinreißen lassen. Sondern es sind diejenigen, die sich mithilfe eines konstruktiven „NEIN“ um ein besseres Verhandlungsergebnis für beide Seite bemühen.

Spüren Sie in Verhandlungen einen „Abschlussdruck“ und den damit einhergehenden Gedanken „Ich habe schon so viel investiert, ich muss jetzt den Abschluss machen, was sollen denn sonst die anderen von mir denken“, dann sorgen Sie für persönliche Entlastung in dem Sie die „Time-out-Karte“ ziehen.

Lassen Sie sich nicht überrumpeln und gewinnen Sie erstmal Distanz zur Verhandlungssituation. 

Egal, ob Sie um eine kurze Unterbrechung oder um die Vertagung der Verhandlung bitten, beide Optionen schützen Sie vor voreiligen Entscheidungen bzw. Zugeständnissen, die Sie hinterher bereuen.

Ein weiterer wichtiger Grund, warum es uns Menschen so schwer fällt „NEIN“ zu sagen, ist die Angst, als Mensch nicht mehr gemocht bzw. akzeptiert zu werden.

Und das ist nicht verwunderlich, verspüren wir doch den starken Drang nach sozialen Beziehungen, Gruppenzugehörigkeit, sozialer Gemeinschaft und Wertschätzung.

Wir Menschen können uns dieser Bedürfnisse nicht entziehen, sind sie doch ein wesentlicher Bestandteil des „menschlichen Seins“.

Das wissen wir nicht erst seit Maslow und seiner bekannten „Bedürfnispyramide“.

Das Macht vs. Beziehung Dilemma erschwert es uns „NEIN“ zu sagen

Fällt es uns also schwer „NEIN“ zu sagen, dann weil wir Angst davor haben, Macht auszuüben und hierdurch die Beziehung zu unserem Gegenüber zu gefährden.

Gleichzeitig wissen wir aber auch, dass jedes Zugeständnis, bzw. der ausschließliche Fokus auf die Beziehung unser „NEIN“, also unsere Verhandlungsposition schwächen und das Verhandlungsergebnis aus unserer Sicht verschlechtern kann.

Ein echtes „Macht vs. Beziehung-Dilemma“ eben.

In der Regel reagieren wir Menschen auf dreierlei Weise auf dieses Dilemma (the three-A trap):

  • Wir passen uns an (Accomodate) – wir sagen „JA“, meinen aber „NEIN“. Wir haben Angst die Beziehung zu gefährden.
  • Wir gehen auf Angriff (Attack) – Wir sagen „NEIN“, tun dies jedoch in minderwertschätzender und verletzender Art und Weise. Und das alles aus Ärger oder Frust über eine, aus unserer Sicht unangemessene Forderung.
  • Wir sagen gar nichts (Avoid), weder „JA“ noch „NEIN“ und ziehen uns in unser Schneckenhaus zurück. Wir tun einfach so, als ob die Situation nicht existieren würde. Wir üben weder Macht aus, noch geben wir uns Mühe die Beziehung zu stärken bzw. zu erhalten.

Der Ausweg aus diesem Dilemma ist das „positive NEIN“

Alle Reaktionsweisen haben sich in den meisten Situationen als wenig konstruktiv und zielführend erwiesen. So ist es nicht verwunderlich, dass William Ury, ein US-amerikanischer Autor, Verhandlungsexperte und Mitbegründer des bekannten „Harvard-Konzeptes“ im Jahr 2007 für dieses Dilemma einen „Ausweg“ gefunden hat, nämlich das „positive NEIN“.

Es basiert auf dem Prinzip der Trennung von Mensch und Problem, ganz nach dem Motto, „Sanft zum Menschen – Hart in der Sache“.

Es geht im Kern darum, weder seine Machtposition abzuschwächen, noch die Beziehung zum Gegenüber zu gefährden. Es geht also um Balance.

Die einfache Formel hierfür lautet:

JA!, NEIN, JA?

Ein starkes und neutrales „NEIN“ muss vorbereitet werden und erfordert im Vorfeld ein klares „JA!“ zu sich selbst. Ein klares „JA!“ zu seinen eigenen Bedürfnissen, Zielen, Werten und Interessen, zu denen wir uns in dieser Situation durch ein klares „NEIN“ bekennen.

„Ein NEIN aus tiefster Überzeugung ist besser und größer als ein JA nur, um zu gefallen, oder schlimmer noch, um Ärger aus dem Weg zu gehen“ (Mahatma Gandhi)

Das „NEIN“ richtet sich gegen die Sache selbst und kann folgendermaßen formuliert werden:

„Ich kann Ihrer Forderung nicht entsprechen“

„Nein, ich kann Ihr Angebot nicht annehmen“

„Wir kommen auf dieser Basis nicht zu einer Einigung“

Werden Sie sich Ihrer Verhandlungsposition bzw. Verhandlungsmacht bewusst

Ihr „NEIN“ gewinnt an Stärke, wenn Sie sich Ihrer BATNA, Ihrer besten Verhandlungsalternative, bewusst sind. Ihr Gegenüber wird das spüren!

Steht Ihr „JA“ zu sich selbst auf wackeligen Füßen, sprich, stehen Sie nicht hinter Ihrem Produkt, Ihrem Preis, Ihrem Unternehmen sowie zu Ihren Bedürfnissen, Interessen und co., dann kippt Ihr sachliches „NEIN“ um. Es gefährdet nicht nur das aktuelle Verhandlungsergebnis, sondern vor allem Ihre Verhandlungsmacht für alle zukünftigen Verhandlungen.

Das „JA?“ steht für eine Türe, die Sie Ihrem Gegenüber öffnen. Es steht für ein alternatives Verhandlungsangebot, welches Ihr Gegenüber annehmen kann. Dieses allerdings zu Konditionen das auf ein faires Ergebnis für beide Seiten ausgerichtet ist. 

Ihr „JA?“ ist mit einem Fragezeichen versehen, weil es als Angebot zu verstehen ist. Als weitere Option über die es sich auszutauschen gilt.

Sie öffnen der Gegenseite, gewissermaßen die Türe zu einer Einigung, bzw. bauen Ihrem Gegenüber eine „goldene Brücke“ zurück zu einem kooperativen Verhandlungsergebnis.

Stehen Sie in Verhandlungen also zu Ihren Verhandlungszielen und vertreten Sie Ihre Bedürfnisse und Werte. 

Lösen Sie sich von Positionen und gehen Sie stattdessen auf die Suche nach gemeinsamen Interessen, die Ihren Verhandlungsspielraum vergrößern.

Vergrößern Sie den Verhandlungskuchen bevor Sie Ihn im Sinne aller Verhandlungsparteien fair verteilen.

Wie viele Situationen haben Sie schon erlebt, in denen Sie eigentlich „NEIN“ sagen wollten, es aber nicht getan haben und sich anschließend darüber geärgert haben?

Sie, bzw. Ihr Verkaufsteam möchten lernen und vor allem trainieren wie Sie „positiv NEIN“ sagen und noch mehr über professionelle Verhandlungsführung im B2B-Umfeld erfahren, dann freue ich mich über Ihre Kontaktaufnahme zu einem unverbindlichen Austausch über Ihre persönlichen Wünsche und Ziele oder die Ihres Verkaufsteams.

Ihr Maximilian Weipprecht