Das Thema Verhandlungsführung löst bei vielen Menschen Unwohlsein und negative Assoziationen aus. Das liegt wohl daran, dass jeder Mensch in seinem Leben, sowohl positive als auch negative Erfahrungen mit Verhandlungssituationen gemacht hat.

Von diesen Erfahrungen machen wir Menschen sehr viele im Laufe unseres Lebens, denn Verhandlungen sind in unserem Alltag allgegenwärtig. Ein genauer Blick zeigt, dass wir jeden Tag, in den verschiedensten Situationen verhandeln, auch wenn wir es in diesen Momenten nicht als solches wahrnehmen. 

Egal, ob es die Verhandlung mit Ihrem Chef über die Deadline zum Abschluss eines wichtigen Projektes ist, Ihre Gehaltsverhandlung oder das Feilschen mit Ihrem Partner über die Frage, wer den Müll rausbringt. Im Wesen sind es immer zwischenmenschliche Entscheidungsprozesse, die im Allgemeinen als Verhandlungen bezeichnet werden.

Vielfach dominieren die negativen Erfahrungen und das daraus resultierende Gefühl vom „Übers Ohr gehauen“ worden zu sein. Hierbei werden grundlegende menschliche Bedürfnisse wie Sicherheit, wirtschaftliches Auskommen, Zugehörigkeitsgefühl, Anerkennung und Selbstbestimmung beeinträchtigt.

Die Angst vor deren Verlust bzw. Abschwächung hat oft einen sehr starken Einfluss darauf, wie kooperativ wir uns in Verhandlungssituationen verhalten.

Wir Menschen sind soziale Wesen, die primär jedoch vor allem auf persönliche, denn auf kollektive Nutzenmaximierung ausgelegt.

Die Wahl einer kooperativen Verhandlungsstrategie wird dadurch erschwert, dass möglicherweise auf das maximale individuelle Ergebnis verzichtet wird und gleichzeitig das Risiko in Kauf genommen werden muss, ausgenutzt zu werden.

Vielfach dominieren negative Erinnerungen, weil die meisten Verhandlungen in dem Sinne suboptimale Ergebnisse liefern: Häufig gibt es nur einen Gewinner und auf der anderen Seite einen klaren Verlierer.

In der Verhandlungssprache wird hierbei von sogenannten Win-Lose-Situationen gesprochen. Was die eine Person erhält, kann die andere nicht haben. Der Gewinn des Einen bedeutet den Verlust des Anderen.

In einigen Fällen wird ein Kompromiss erzielt. Doch, wieviel ist ein Kompromiss wirklich wert? Auch wenn der Kompromiss auf den ersten Blick fair erscheint – diesen zu finden heißt oft, sich in der Mitte zu treffen. Ein Kompromiss ist nicht die beste Lösung

Stellen Sie sich einmal vor, Sie planen mit Ihrem Partner oder ihren Freunden den nächsten gemeinsamen Sommerurlaub.

Bevor der Streit eskaliert, fahren Sie dann doch wieder dorthin, wo Sie letztes Jahr waren. Oder, Sie einigen sich auf eine Urlaubsdestination die weder Ihnen noch Ihren Reisegenossen und Genossinnen wirklich zusagt. Das lernen wir doch schon als Kinder, um „des lieben Friedens Willen“.

Wir Menschen sind harmoniebedürftig und versuchen deshalb Konflikte durch Kompromisse im Keim zu ersticken. Gerade, wenn uns der Verhandlungspartner am Herzen liegt, dann gehen wir voreilig Kompromisse ein. So sind viele Verhandlungen von Anfang an so strukturiert, dass nichts als ein Haufen Kompromisse dabei herauskommen kann.

Kompromisse ergeben sich häufig auch, wenn zwei Menschen eigentlich kooperativ verhandeln wollen, aber nicht genügend Zeit für die Suche nach der optimalen Problemlösung zur Verfügung steht. 

Wenn wir ehrlich sind, dann sind Kompromisse natürlich besser als nichts, sie bilden jedoch ein Ergebnis ab, mit dem beide Parteien im Kern nicht zu 100% zufrieden sein können. Jeder gibt ein Stück von dem auf, was er eigentlich will.

Doch welche Lösung gibt es für dieses Dilemma?

Die Verhandlungs- bzw. Verhaltensforschung liefert hierfür klare Erkenntnisse und Empfehlungen.

Wenn Sie Ihre Chance, bei jeder Verhandlung besser abzuschneiden erhöhen wollen, dann fokussieren Sie sich darauf, die Interessen bzw. Bedürfnisse, hinter den Positionen Ihres Gegenübers, in Erfahrung zu bringen.

Lösen Sie sich von dem Gedanken, dass gegensätzliche Positionen unvereinbar sind. Betrachten Sie Verhandlungen als gemeinsame Herausforderungen, die miteinander gelöst werden wollen.

Insbesondere in angespannten Situationen, wenn Emotionen im Spiel sind und eine Lösung in weite Ferne zu rücken scheint. Zeigen Sie Interesse und Verständnis für Ihrer Gegenüber. Schalten Sie in den Fragemodus und sammeln Sie Informationen, die Ihnen helfen werden, mehr Ansatzpunkte für eine gemeinsame Lösung zu finden.

Aus dieser Haltung heraus resultiert das Konzept des Integrativen (Sachgerechten) Verhandelns. Es bietet eine Alternative zum klassischen, sogenannten Positionalen (kompetitiven, distributiven) Verhandelns undist wesentlicher Bestandteil des bekannten Harvard-Konzeptes.

Hierbei steht weniger, die Einseitige, als vielmehr der Versuch der beiderseitigen Gewinnmaximierung im Vordergrund. 

Es geht um den Versuch, Lösungen zu finden, die für beide Seiten von größtmöglichem Nutzen sind. Hierfür sind kreative Lösungsoptionen erforderlich, die sich nur ergeben, wenn Verhandler sich von Positionen bzw. Forderungen lösen und Ihren Fokus auf zugrundeliegende Interessen bzw. Bedürfnisse legen.

Machen Sie sich klar, dass hinter Positionen oft vielfältige Interessen stehen, die Ihrem Gegenüber manchmal in diesem Moment selbst noch nicht ganz klar sind. 

Helfen Sie ihrem Verhandlungspartner dabei zu reflektieren, welche Interessen wirklich hinter seinen Positionen stehen. Schaffen Sie dadurch Optionen für beiderseitige Nutzenmaximierung

Lassen Sie mich Ihnen zur Verdeutlichung des Unterschieds zwischen Positionen und Interessenfolgende bekannte Geschichte aus der Welt des Verhandelns erzählen.

Zwei Schwestern streiten sich um eine Orange. Nach Geschrei und Tränen kommt schließlich die Mutter und schneidet die Orange in zwei Hälften.

Auf den ersten Blick scheint es ein sehr guter Kompromiss zu sein, auf den zweiten Blick ist es aber eine klassische Lose-Lose Situation, Warum?

Weil eine der Schwestern die Orange dafür benötigt, um einen Saft daraus zu pressen. Die andere benötigt die Schale für einen Kuchen.

Hätten sich alle Beteiligten im Vorfeld des fatalen Schnitts über Ihre gegenseitigen Interessen bzw. Bedürfnisse ausgetauscht, dann hätten alle Beteiligten sicherlich eine bessere Lösung gefunden. 

Erstaunlicherweise nehmen Menschen häufiger als nötig an, dass hinter sich widersprechenden Positionen, auch inkompatible Interessen verborgen sein müssen. Doch das ist vielfach nicht der Fall. Die Erfahrung zeigt, dass viel häufiger Überschneidungen zwischen Interessen zu finden sind, die für eine Lösungsfindung genutzt werden können.

Wir schließen viel zu oft von uns auf Andere – warum fragen wir unser Gegenüber nicht einfach, was er wirklich will?

Die Identifikation von Interessen hinter Positionen bzw. Forderungen, stellt einen Katalysator dar, der Einigung beschleunigt und insgesamt zu einem besseren Verhandlungsergebnis im Sinne eines Win-Winführt. 

Erkunden Sie die Interessen hinter Positionen und öffnen Sie hierdurch völlig neue Spielräume und Handlungsoptionen.

Backen Sie einen größeren Kuchen, anstatt den Kleineren zu verteilen.

Sagen Sie Ihrem Verhandlungspartner nicht nur „Was Sie möchten“ sondern auch „Warum Sie es möchten“ und fragen Sie Ihr Gegenüber weshalb „er will, was er will“.

Nutzen Sie hierfür die Vielfalt der Fragetechniken und die Methode des „aktiven Zuhörens“.

Aufgabe der Verhandlung muss es also sein, gemeinsame oder ausgleichende Interessen zu finden, die Grundlage für das Erreichen kompatibler Positionen sind.

Vielleicht werden Sie überrascht sein, wie viele Gemeinsamkeiten Sie haben. Sie sitzen zwar dann immer noch auf verschiedenen Seiten des Verhandlungstisches, Ihr Fokus geht von nun an aber die gleiche Richtung.

Einige von Ihnen werden jetzt sicherlich sagen: „Am Ende geht es doch eh wieder nur um den Preis“, warum all die Mühen?

Der Preis ist in der Tat ein wichtiges Entscheidungskriterium, er ist aber auch häufig nur die Währung für zahlreiche andere Bedürfnisse, die sich dahinter verstecken.

Der Preis ist eine variable von vielen und der Wert einer Sache liegt immer im Auge des Betrachters.

Finden Sie heraus, was dem Anderen viel wert ist, Sie aber nichts kostet und umgekehrt!

„Manchmal zahlt man den höchsten Preis für Dinge, die man umsonst haben könnte“ (Albert Einstein)

Die Herausforderung besteht in jeder Verhandlungssituation darin, das Gegenüber zu einer kooperativen Verhandlungsführung zu bewegen.

Beginnen Sie auf jeden Fall kooperativ!

Warten Sie dann die Reaktion Ihres Gegenübers ab und imitieren Sie dann seine Wahl, ganz nach dem Motto „Wie du mir, so ich dir“(Tit for Tat)

Seien sie nie der Erste, der nicht kooperiert.

Diese Vorgehensweise ist elegant und einfach. Sie ist zudem eine freundliche Strategie, weil Sie Ihrem Gegenüber die Tür öffnet, weil Sie kooperativ beginnt.

Nimmt Ihr Gegenüber das Angebot nicht an, dann können Sie immer noch umschwenken.

Diese Strategie ist zudem transparent und für Ihr Gegenüber nachvollziehbar.

Ihr Gegenüber lernt frühzeitig in der Verhandlung mit welchen Konsequenzen des eigenen Verhaltens zu rechnen ist.

Fazit:

Ergeben Sie sich nicht in schwierigen Verhandlungssituationen, indem Sie sich auf einen Kompromiss einlassen. Investieren Sie stattdessen Zeit und Mühe in die Exploration beiderseitiger Interessen. Erhöhen Sie hierdurch signifikant die Wahrscheinlichkeit für ein deutlich besseres Verhandlungsergebnis für beide Seiten.

Sie möchten Ihre bzw. die Verhandlungskompetenzen Ihres Teams weiterentwickeln, dann kontaktieren Sie mich gerne für ein unverbindliches Informationsgespräch.

Mit besten Grüßen,

Maximilian Weipprecht