Eine professionelle Gesprächsvorbereitung beginnt damit, dass Sie grundsätzlich hinterfragen, ob der anvisierte Kunde zum aktuellen Zeitpunkt der Richtige ist? Richtig im Sinne von, wie hoch ist meine Abschlusswahrscheinlichkeit? Bietet der Kunde ausreichendes Potenzial? Trägt der Kunde zu meiner Zielerreichung bei und inwiefern passen meine Produkt bzw. Dienstleistungswelt zur der meines Kunden?

Denken Sie daran, dass Ihre Besuchszeit kostbar ist und im wahrsten Sinne nicht nur Ihrem  Arbeitgeber Kosten verursacht, sondern auch ganz wesentlich Ihnen selbst, wenn Sie an Ihre Opportunitätskosten denken. Verkäufer werden nicht für Kundenbesuche bezahlt, sondern für Abschlüsse. Das hört sich nach einer verstaubten Floskel an, in der Verkaufswelt ist das aber harte Realität. Insbesondere in unserer heutigen VUCA-Welt, mit kurzen Produktlebenszyklen, hoher Wettbewerberdichte und hohen Headcount-assoziierten Kosten.

Wie auch in vielen anderen Bereichen der Wirtschaft, so gilt auch im Verkauf das Pareto-Prinzip. In der Regel erzielen Sie mit 20% der Kunden 80% Ihres Umsatzes. Ihre Aufgabe ist es diese 20% zu identifizieren und gezielt anzusteuern. Nutzen Sie alle verfügbaren Quellen zur Qualifizierung Ihrer Kunden, entsprechend den Zielen und dem Leistungsversprechen des Unternehmens. Welche Kunden passen zu Ihren Produkten bzw. zu Ihren Dienstleistungen in Bezug auf das Matching von Nutzenversprechen und Bedürfnisstruktur des Kunden?

Sie haben die richtigen Kunden identifiziert und Besuche terminiert. Nun geht es darum, sich einen Plan für jeden einzelnen Kundenbesuch zu machen. In der nachfolgenden Darstellung liegt der Schwerpunkt auf dem Besuch von Neukunden, wobei die genannten Elemente meist auch für einen Stammkunden zutreffen.

Machen Sie sich einen Plan, wie Ihr Gespräch ablaufen soll und wie Sie Ihren Kunden in einem strukturierten Verkaufsgespräch zum Abschluss führen möchten. Planung bedeutet Effizienz, Kostenersparnis, Einwand-Vorbeugung, eine höhere Abschlusswahrscheinlichkeit, glücklichere Kunden und Verkäufer, sowie nachhaltige Kundenbeziehungen.

Hierzu bedarf es einiges an Informationen, die Ihnen insbesondere in der kritischen Einstiegs- bzw. Eröffnungsphase helfen werden – denn der erste Eindruck zählt.

Sammeln Sie so viele Informationen über den Kunden wie möglich. Tauchen Sie so tief wie möglich in die Kundenwelt ab. Machen Sie sich ein Bild über dessen Bedürfnisstruktur, seinen Bedarf und mögliche Kaufmotive.

Nutzen Sie für Bestandskundenbesuche Ihr CRM-System, falls vorhanden, und studieren Sie die Kundenhistorie in Bezug auf Umsätze, Mengenabnahmen, gesonderte Vereinbarungen, Gesprächsprotokolle aus der Vergangenheit, besondere Vermerke zu persönlichen Interessen, Hobbys, Wünschen, Publikationen, Mitgliedschaften in Verbänden, Veröffentlichungen etc.. Befragen Sie eventuell Ihr Netzwerk zu einem Kunden oder nutzen Sie soziale Netzwerke um mehr über einen Kunden herauszufinden.

Machen Sie sich bewusst welche Kundentypologie (DISG) Ihnen begegnen kann und stellen Sie sich insbesondere in Bezug auf Fragetechnik und Nutzen-Argumentation entsprechend darauf ein. An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass das DISG Modell sowie andere Modelle der Persönlichkeitstypologien den Charakter eines Menschen nie zu 100% beschreiben und somit nur der groben Orientierung im Gespräch dienen können.

Analysieren Sie die aktuellen Umsätze über einen Zeitraum von mindestens 3 Monaten auf Produktsparten-, Produktgruppen-, Produkt- und Artikelebene, falls vorhanden. Vergleichen Sie Umsatzentwicklungen auch immer mit gleichen Perioden der Vorjahre und identifizieren Sie somit Positiv- und Negativtrends, die Sie im Gespräch thematisieren können. Insofern sich aus der Analyse auch Abweichungen im Bestellrhythmus ergeben, so können auch diese im Gespräch angesprochen werden. Bestenfalls ergeben sich hierdurch kurzfristige Umsätze, weil der Kunde nur vergessen hatte zu bestellen. Im schlechtesten Fall hat der Kunde aber den Anbieter gewechselt und Sie bekommen nur noch die Gründe für den Umsatzrückgang bestätigt. Letzteres kann durch ein engmaschiges Monitoring der Kunden oft rechtzeitig erkannt und möglicherweise durch entsprechende Maßnahmen verhindert werden.

Bereiten Sie einen Neukundenbesuch vor, dann bietet das World Wide Web großartige Möglichkeiten der Vorbereitung. Analysieren Sie die Kundenwebsite hinsichtlich Produktsortiment, Leistungsspektrum, Geschäftsbereiche/Unternehmensstruktur, Ansprechpartner, Entscheider etc..

Nutzen Sie öffentliche Geschäftsberichte bzw. Qualitätsberichte für die detaillierte Analyse potenzieller Neukunden. Krankenhäuser zum Beispiel sind seit 2005 verpflichtet strukturierte Qualitätsberichte zu veröffentlichen. Diese geben einen Überblick über Strukturen und Leistungen der Krankenhäuser. Sie erhalten Informationen zum Diagnose- und Behandlungsspektrum, insbesondere zur Häufigkeit einer Behandlung. Qualitätsberichte sind über Suchmaschinen der Krankenkassen und deren Verbände sowie über die deutsche Krankenhausgesellschaft auffindbar.

Nutzen Sie ebenfalls die WEISSE LISTE (https://www.weisse-liste.de/de/) für die gezielte Recherche von Fallzahlen je Krankenhaus für einen spezifischen OPS (Operationen- und Prozedurenschlüssel) oder für eine spezifische Diagnose anhand des ICD-10 Code (international statistical Classification of Diseases).

Insofern Ihnen Informationen zu Wettbewerbern im Kundenportfolio vorliegen, empfehle ich Ihnen, sich intensiv mit diesen zu beschäftigen, um auf mögliche Einwände des Kunden vorbereitet zu sein. Identifizieren Sie deren Produkteigenschaften, insbesondere diejenigen, die sich von Ihren Unterscheiden und vom Ihrem Wettbewerb als Alleinstellungsmerkmale ausgewiesen werden. Stellen Sie Argumente zusammen, die Ihnen bei der Entkräftung bzw. Einwandbehandlung behilflich sind.

An dieser Stelle sei nur kurz darauf hingewiesen, dass ich es für selbstverständlich erachte, dass Sie als Verkäufer Experte für Ihr eigenes Produkt  bzw. Ihre Dienstleistung sind und beim Kunden keine Fragen diesbezüglich offen bleiben dürfen. Dies ist die absolute Grundvoraussetzung für einen erfolgreichen Abschluss sowie die Wahrnehmung Ihrer Person als professioneller Gesprächspartner.

Definieren Sie ein klares Besuchsziel(e) und machen Sie dies schriftlich um Ihre Zielerreichung  nach dem Gespräch evaluieren zu können. Ich empfehle Ihnen Ihre Ziele nach den s.m.a.r.t. Kriterien zu formulieren. Achten Sie also darauf dass Ihr Ziel bzw. Ihre Ziele sowohl spezifisch, messbar, attraktiv, realistisch und terminiert  sind.

Planen Sie für die Anreise zum Kunden ausreichend Zeit ein und gönnen Sie sich vor dem Termin eine kurze mentale Regenerationsphase, für maximale Aufmerksamkeit im anstehenden Kundengespräch. Rufen Sie sich Ihr(e) Besuchsziel(e) in Erinnerung und fokussieren Sie alle Sinne auf das anstehende Gespräch.

Achten Sie unmittelbar vor Ihrem Termin darauf, dass alle notwendigen Unterlagen eingepackt sind, die Sie für das Gespräch vorbereitet haben. Prüfen Sie, ob Ihr Demomaterial funktionsfähig ist, Broschüren verfügbar und in ansprechendem Zustand sind. Halten Sie ausreichend Visitenkarten vor und fahren Sie Ihren Rechner hoch, wenn Sie mit diesem beim Kunden arbeiten möchten. Dies spart Ihnen wertvolle Zeit beim Kunden.

Überprüfen Sie nochmals den korrekten Sitz Ihrer Kleidung und achten Sie auf ein gepflegtes Erscheinungsbild bevor Sie vor den Kunden treten.

Insofern Sie sich an der Information oder am Empfang anmelden müssen übergeben Sie Ihre Visitenkarte und erleichtern sie Ihrem Gegenüber somit eine vollständige und professionelle Ankündigung Ihrer Person.

Werden Sie in einen Besprechungsraum bzw. in ein Büro mit mehreren Sitzgelegenheiten geführt, so vermeiden Sie unbedingt das erste Fettnäpfchen, indem Sie stehen bleiben bis Ihr Gesprächspartner eintritt und Ihnen einen Platz zuweist.

Stellen Sie sich vor, Sie empfangen einen Verkäufer und dieser setzt sich unaufgefordert auf Ihren gewohnten Platz, in Ihre Sicherheitszone, auf Ihren Stammplatz, mehr muss ich dazu nicht sagen…